Das Polnische Theater Kiel schließt
Mit großem Bedauern haben wir erfahren, dass unser Mitglied, das Polnische Theater Kiel, Ende September schließen wird. Wir haben uns sehr gefreut, das Theater in unseren Verband aufzunehmen. Die Schließung zeigt einmal mehr, wie wichtig aktive und solidarische Verbandsarbeit ist. Wir teilen den Artikel von Ruth Bender erschienen am 31.Juli 2022 in den Kieler Nachrichten, die, wie wir finden, die richtigen Worte gefunden hat und wünschen Tadeusz und seinen Kolleg*Innen, dass sie einen guten Abschluss finden.
Herzliche Grüße Euer Vorstand
Sigrid Dettlof, Petra Bolek, Malte Andritter, Marc Lowitz und Stephan Schlafke
Das Polnische Theater Kiel schließt – die Lücke wird bleiben
Von Ruth Bender, erschienen am 31.Juli 2022 in den Kieler Nachrichten
Mit Schwierigkeiten hatte das Polnische Theater seit seiner Gründung 1983 immer wieder zu kämpfen. Dabei gelang es Theatermacher Tadeusz Galia stets, sein Lebenprojekt wieder auf die Füße zu stellen. Nach 40 Jahren schließt das kleine feine Zimmertheater Ende September nun – und wird in Kiels Theaterlandschaft eine Lücke hinterlassen.
Das Polnische Theater hat vieles mitgemacht. Die zunächst wacklige Unterstützung von Stadt und Land. Das Feuer, das 1992 das Domizil in der Düppelstraße komplett zerstörte. Das Entlanghangeln an den ABMs der Neunzigerjahre und weiteren Hilfskonstruktionen, um den Schauspielern ein Auskommen zu sichern. Die mit dem Vermieterwechsel vor einigen Jahren drohende Schließung, die das Zimmertheater mit dem blauen Auge einer räumlichen Verkleinerung überstand.
Wider alle Widrigkeiten ist das Theater, von Tadeusz Galia 1982/83 mit einer engagierten Gruppe von Theatermacherinnen und -machern gegründet, die gleichfalls aus dem sozialistischen Polen emigriert ist, in Kiel zur Institution geworden. Eine Marke, die mit Stücken zunächst hauptsächlich aus Osteuropa ihre eigene Stimme entwickelte. Die hier Slawomir Mrozek bekannt machte, Vaclav Havel und Isaac Bashevis Singer, dessen „Gimpel, der Narr“ wohl so etwas wie Galias Lebensrolle geworden ist.
Aber das Polnische Theater war stets auch ein Unternehmen auf der Kippe – siehe oben. Dass die 40 Zuschauerplätze kaum mehr einspielten als Miete und laufende Kosten, hat der Theatermacher Galia, der Idealist und Praktiker in einem ist, dabei in Kauf genommen. Selbst die Pandemie hat er noch mit einem Satz hochmoderner Luftreiniger abgewettert. Dass sich das Polnische Theater bei alldem schwer tat, (junge) Schauspielerinnen und Schauspieler zu finden und zu binden, hat sich manchmal auch künstlerisch ausgewirkt. Immer wieder sind dennoch Glanzstücke aufgepoppt, wie 2013 Genets „Zofen“, 2017 Morzeks „Emigranten“ und 2021 Tadeusz Galia in der Rolle des „Liftverweigerers“. Auch deshalb wird die Marke „Polnisches Theater“ in der ohnehin von den Folgen der Pandemie noch gebeutelten freien Theaterlandschaft eine Lücke hinterlassen.
Von Ruth Bender, erschienen am 31.Juli 2022 in den Kieler Nachrichten. Originalartikel hier (Abonnement).